Max Weber und die antike Stadt

Max Weber und die antike Stadt

Ein in der Forschung nach wie vor einflussreicher Versuch, die antike Stadt zu definieren, stammt von Max Weber (1864-1920). Sein soziologischer und ökonomischer Ansatz ließ ihn einen von ihm so genannten „Idealtypus“ von Städten unterschiedlicher Epochen postulieren. Grundlegend war für Weber dabei die prinzipielle Vergleichbarkeit von mittelalterlichen und – für die Antike – insbesondere von römischen Städten, die er beide unter dem Begriff der okzidentalen Stadt zusammenführte und damit grundsätzlich von orientalischen Städten unterschied.

Für die okzidentale Stadt sah er dabei folgende Aspekte als charakteristisch an: So habe es sich in ihren frühen Formen oft um eine bereits befestigte, aber sehr von der Urbarmachung des umliegenden Ackerlandes abhängige „Siedlungsgemeinschaft von Kriegern“ gehandelt. Die soziale und wirtschaftliche Bedeutung von Landbesitz und Landwirtschaft, aber auch die militärische Prägung der städtischen Bürgergemeinde blieben wichtig. Hinzu kam dann in späteren römischen Städten der große Einfluss der Sklaverei, die dafür sorgte, dass Handel und Handwerk nur einen geringen Stellenwert besaßen und die freien Stadtbewohner sich vornehmlich einerseits politisch und andererseits als Bezieher von Grundrenten betätigten. Dass römische Städte somit in erster Linie Zentren des Konsumierens und weniger des Produzierens waren, spiegelte sich für Weber insbesondere in der Masse der auf Inanspruchnahme von Leistungen angewiesenen stadtrömischen Plebejer wieder.

Anders als bei vielen jüngeren Ansätzen (wie etwa von Frank Kolb), die auch für die antike Stadt vorrangig siedlungsgeographische Definitionen anwenden, standen für Max Weber rechtliche, politische und wirtschaftliche Faktoren im Vordergrund. Auch wenn sein erst postum in dem Band „Wirtschaft und Gesellschaft“ veröffentlichter Stadtbegriff ein Fragment geblieben ist und er abgesehen von Rom kaum kaiserzeitliche Städte als Exempla heranzieht, können seine Kategorisierungen gut mit den antiken Begrifflichkeiten abgeglichen bzw. kontrastiert werden.