Grabinschriften

Wie Grabstätten die Geschichten von Stadtbewohnern erzählen...

Als Augusta Treverorum einige Jahre vor der Zeitenwende von Augustus gegründet, präsentiert sich Trier heute gerne als älteste Stadt Deutschlands. Hier führt seit der Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. eine steinerne Brücke über die Mosel und die Porta Nigra – das Wahrzeichen Triers – ist nur eines der imposanten Stadttore, die zu dem in der Kaiserzeit errichteten Mauerring gehörten, der die Stadt umgab. Mit etwa 100.000 Einwohnern zählte die als colonia privilegierte römische Siedlung zu den größten nördlich der Alpen; Konstantin dem Großen diente sie zeitweise als Residenz.
Auf ihre Bedeutung verweisen auch die zahlreichen Nekropolen, also die vor den Toren der Stadt gelegenen Gräberfelder. Im Hinterland zeigen Grabbeigaben wie Fibeln oder Waffen, dass die Bestattungssitten der hier zuvor ansässigen Kelten noch lange gepflegt wurden. In der Nähe der Stadt aber findet man Öllampen, Münzen und kleine Glasflaschen in oder an den Gräbern oder aber Urnen als Hinweise auf Brandbestattungen: alles – wie auch die Grabinschriften – deutliche Anzeichen für römische Einflüsse.

...Gräberfelder

Die beiden großen Gräberfelder befanden sich in Augusta Treverorum an der nördlichen und südlichen Ausfallstraße. Vor dem Bau des Mauerringes um die Siedlung gab es einige kleinere Nekropolen im Westen entlang des Mosellaufs und im Osten nahe des Amphitheaters, die jedoch nach Errichtung der Mauer nicht mehr genutzt wurden.

 

CIL XIII 11323

Die Gestaltung der Gräber war wie heute in der Antike schon sehr unterschiedlich. Während die Igeler Säule eines der bekanntesten Beispiele aus dem Trierer Raum für ein steinernes Grabdenkmal ist, ließen wohlhabende Bürger sich auch in unterirdischen, nicht selten bunt ausgemalten Grabkammern bestatten, auf denen ein tempelartiges Gebäude errichtet wurde – das Grutenhäuschen in den Weinbergen an der Mosel ist ein solches. Weniger begüterte Einwohner der Stadt konnten sich keine aufwendigen Brandbestattungen oder Mausoleen leisten und wurden einfach in Tücher eingewickelt oder in Holzkisten beigesetzt – manchmal sogar mehrere Personen zusammen.

Damit bilden die Gräber einen Querschnitt durch die Bevölkerung. Zumindest bei den Grabinhabern, welche die Mittel dafür hatten, erzählen uns die Inschriften etwas über

  • Abstammung
  • Berufsstand
  • Vermögenslage
  • Ämterlaufbahn

der Bevölkerung in dieser Region.

Schon eine einfache Inschrift auf einer kleinen Grabstele aus der im Süden Triers gelegenen St.-Matthias-Nekropole verrät uns so zum Beispiel, dass hier ein gewisser „Marcus Sextilius, Sohn des Marcus“, bestattet war. Darüber hinaus erfahren wir durch die zusätzliche Angabe „Pomentina“, dass der Mann wahrscheinlich aus Italien stammte, auf jeden Fall aber römisches Bürgerrecht besaß. Denn gemeint ist hier die – vom Steinmetz wohl falschgeschriebene – „Pomptina“, eine der 35 Wahlbezirke, denen sich römische Bürger erst in Rom selbst und dann im ganzen Imperium zuteilen ließen.

 

1000 Sarkophage unter St. Maximin...

In der frühen Kaiserzeit war die übliche Art der Bestattung in Augusta Treverorum die Brand- bzw. Feuerbestattung. Körpergräber, wie wir sie heute auch kennen, kamen erst im Laufe des 2. Jahrhunderts n. Chr. auf, und auch Bestattungen in Sarkophagen lassen sich erst ab Mitte des 2. Jahrhunderts nachweisen.

Archäologen fanden unter der Abteikirche St. Maximin im Norden von Trier ein spätantikes Gräberfeld mit über 1000 Steinsarkophagen. Ab Mitte des 4. Jahrhunderts war hier, ausgehend von einem Hallenbau, den man zur Verehrung der hier bestatteten Bischöfe errichtet hatte, ein rechteckiges Areal angelegt worden, in welchem die christliche Gemeinde ihre Toten bestattete. Die christliche Nutzung geht aus den zahlreichen frühchristlichen Grabinschriften hervor. 200 Jahre später hatte man den Hallenbau durch eine Kirche ersetzt, in der sich dicht an dicht und bald auch in mehreren Ebenen übereinander die Sarkophage drängten. Nicht nur in Trier war es der christlichen Bevölkerung wichtig, ad sanctos, also möglichst nahe dem Grab eines inzwischen als Heiligen verehrten Märtyrers oder auch Bischofs bestattet zu werden – konnte dieser doch bei Gott als Fürsprecher fungieren.

 

AE 2007 992

Bildnachweise:
Titelbild: Via Appia V, Gedicht für die Kinder Sextus Pompeius Iustus, CIL VI 24520, Egisto Sani, unter: flickr
Inschriften: Grabinschrift aus St. Maximin, H. Merten, Die frühchristlichen Inschriften aus St. Maximin bei Trier, Trier 2018, Nr. 5 / S. 45-49 = AE 2007, 992; Grabinschrift aus Augusta Treverorum, CIL XIII 11323, C. Witschel, unter: Epigrafische Datenbank Heidelberg
Andere Abbildungen: St. Maximin (Trier), Stefan Kühn, unter: Wikipedia; Stadtplan Trier mit Gräberfeld, OpenStreetMap + Haselburg-müller, unter: Wikipedia