Von der Stadt zum Museum
Das Stadtgebiet des heutigen Rom ist deutlich größer als in der Antike. Selbst das Marsfeld, wenngleich seit augusteischer Zeit immer dichter bebaut, lag offiziell außerhalb des pomerium, jener heiligen Stadtgrenze, die nur unter bestimmten Bedingungen erweitert werden konnte. Das urbane Siedlungsgebiet war also nicht Deckungsgleich mit dem offiziellen Territorium der Stadt und beide unterschieden sich von jenem Areal, das einst von der Servianischen Mauer eingefasst worden war.
Das Stadtgebiet des heutigen Rom ist deutlich größer als in der Antike. Selbst das Marsfeld, wenngleich seit augusteischer Zeit immer dichter bebaut, lag offiziell außerhalb des pomerium, jener heiligen Stadtgrenze, die nur unter bestimmten Bedingungen erweitert werden konnte. Das urbane Siedlungsgebiet war also nicht Deckungsgleich mit dem offiziellen Territorium der Stadt und beide unterschieden sich von jenem Areal, das einst von der Servianischen Mauer eingefasst worden war.
Die Aurelianische Mauer hatte eine Länge von 19 Kilometern und schloss alle dicht besiedelten Gegenden der Stadt ein, d. h. auch das Marsfeld und Teile des jenseits des Tibers gelegenen Suburbiums. Die neue Befestigungsanlage zeigt im Vergleich zu der ebenfalls eingezeichneten Severianischen Mauer, wie sich die Wahrnehmung des als schützenswert geltenden städtischen Raumes im Laufe der Jahrhunderte verändert hatte.
Die Aurelianische Mauer ist heute noch vielerorts in Rom erhalten. Sie bezieht teilweise ältere Monumente in die Befestigungsanlage mit ein, wie hier – an der Porta San Paolo – die Pyramide des Cestius. Der Wandel der Prioritäten lässt sich hieran deutlich ablesen. Ein Monument, ein Grabmal, das zu Zwecken der individuellen Selbstdarstellung vor den Toren Roms erbaut worden war, diente nun der ganz konkreten und praktischen Selbstverteidigung der Zivilbevölkerung. Die Toten beschützten die Lebenden und die Vergangenheit der Stadt sicherte ihre Zukunft.
Die Erhaltung dieses eindrucksvollen Abschnittes der Aurelianischen Mauer führt aber auch zu einem Paradoxon. Gerade weil das in unmittelbarer Nähe zur Pyramide gelegene Stadttor erhalten werden soll, kann es seine eigentliche Funktion heute nicht mehr wahrnehmen. Die breiteren Straßen haben es nötig gemacht, die Mauer an anderer Stelle einzureißen und den Verkehr um die Porta herum, anstatt durch sie hindurch zu leiten.
Eine solche Art der Einbindung älterer Monumente in den Mauerring gibt es an mehreren Stellen zu bewundern – so etwa auch an der Porta Maggiore. Ob die Römer sich dabei von rein praktischen Gesichtspunkten oder auch von einem Bewusstsein für die Bewahrung ihrer Vergangenheit leiten ließen, ist eine interessante Frage. Zumindest schufen sie Vorbilder für den städtebaulichen Umgang mit historischen Monumenten auch in der modernen Stadtarchäologie. Die Porta Maggiore lag im Osten der Stadt. Durch sie betrat man Rom auf der Ost-West-Achse, die einen Ankömmling zwischen Kolosseum und Trajansthermen hindurch auf das Forum Romanum leitete.
In diesem Fall bildet das in dem Mauerring verarbeitete Monument allerdings keinen Abschnitt der Befestigung, sondern das an dieser Stelle befindliche Tor. Erneut hat man heute, um das antike Bauwerk erhalten zu können, die Mauer an anderen Stellen durchbrochen, um einen fließenden Verkehr zu gewährleisten. Dazu ist die Mauer an dieser Stelle nicht vollständig zerstört worden, sondern spannt sich als Überführung über den Verlauf der Straße. Das Tor wird von einem Teil eines frühkaiserzeitlichen Aquädukts gebildet, dessen hohe Arkaden sich gut zu diesem Zweck eigneten. In diesem Fall handelt es sich um den gemeinsamen Lauf des Anio Vetus (obere Leitung) und der Aqua Claudia (untere Leitung).
In der Spätantike vermittelten die Stärke und Höhe der Mauer – hier ein Stück zwischen Porta San Sebastiano und Porta Ardeatina – offensichtlich ein Gefühl von Sicherheit, das etwa Aurelius Victor dem Erbauer der Befestigungsanlage hoch anrechnet. Großzügig war der Mauerring – hier nahe Porta San Sebastiano – im Vergleich zu allen bisherigen Befestigungen der Stadt tatsächlich bemessen. Die Historia Augusta übertreibt allerdings, wenn sie von 50 Kilometern spricht.
Aur. Vict. Caes. 35,7 (Übers. Kirsten Groß-Albenhausen / Manfred Fuhrmann): „Nachdem er so viele bedeutende Unternehmungen mit Erfolg zu Ende gebracht hatte, errichtete er in Rom einen herrlichen Tempel des Sol, den er überreich mit Geschenken bedachte, und damit nicht wieder vorkäme, was sich durch die Schuld des Gallienus abgespielt hatte, umgab er die Stadt in einem großzügig bemessenen Umkreis mit sehr starken Mauern.“
Hist. Aug. Aur. 39,2 (Übers. Ernst Hohl): „Er erbaute einen prachtvollen Tempel des Sonnengottes. Die Mauern der Stadt Rom erweiterte er in solchem Ausmaß, daß der Mauerring sich auf beinahe fünfzig Meilen erstreckt.“ “
In regelmäßigen Abständen gab es Türme, von denen aus sich das Umland beobachten ließ. Die Breite der Mauer erlaubte es den Verteidigern, sich schnell und sicher auf ihr zu bewegen. Den gemeinsamen Kraftakt, den die römischen Bürger anstrengten, um dieses Monument zu errichten, hat der spätantike Chronist Johannes Malalas festgehalten. Die Breite das Bauwerkes diente aber nicht nur der sicheren Bewegung auf der Mauer, sondern bot auch Schutz am Boden. Durch die Anlage von Arkaden auf der innerstädtischen Mauerseite, entstand ein überdachter Gang, in dem sich die Wachen bewegen konnten, ohne befürchten zu müssen, von feindlichen Geschossen getroffen zu werden.
Malal. 12, 30 (299-300) (Übers. Johannes Thurn): „Gleich als er dann an die Herrschaft kam, begann er die Stadtmauern Roms in Festigkeit wiederherzustellen; sie waren nämlich durch die Dauer der Zeit ruinös. Dieser nun betrieb mit Nachdruck die Bautätigkeit und zwang die Werkstätten Roms am Bau dienstbar zu sein; und nachdem er die Mauern in kürzester Zeit vollendet hatte (300), da erließ er ein göttliches Gesetz dass von jener Zeit an die Handwerker der ganzen Stadt als Aurelianer bezeichnet würden: Sie sollten den Rang des kaiserlichen Namens als Ehre und Lohn für ihre Mühen bekommen.“
Als funktionales Gebäude musste die Aurelianische Mauer auch solche Örtlichkeiten beinhalten, die es den Verteidigern erlaubten, bestimmten körperlichen Bedürfnissen direkt an Ort und Stelle nachzukommen. So waren etwa Latrinen in einigen Metern Höhe in die Befestigung integriert. Ein Vorsprung in der Mauer, der mit einer Öffnung im Boden versehen war, war alles, dessen es bedurfte. So wie die Aurelianische Mauer ältere Monumente Roms in ihre Konstruktion integrierte, so wird heute die Befestigungsanlage selbst zu anderen Zwecken verwendet. Teilweise sind die Mauerabschnitte in Privatbesitz übergegangen und als Fundament für Wohnbebauung genutzt worden.
Nach dem Ende der severischen Dynastie war das Reich ca. 50 Jahre von einer Reihe im wahrsten Sinne „kurzlebiger“ Herrscher regiert worden, den sogenannten Soldatenkaisern. Dies änderte sich mit dem Regierungsantritt Diokletians im Jahre 284, der eine neue Phase größerer Stabilität im Inneren einläutete, jedoch zugleich den Status Roms als Hautstadt des Reiches endgültig aufhob. Schon die Soldatenkaiser hatten sich vielfach an der Front bei ihren Truppen aufhalten müssen. Unter Diokletian etablierte sich nun ein System, in dem vier Kaiser das Reich gleichzeitig verwalteten, von denen jeder seinen Sitz in einem anderen Teil des Reiches nahm. Die Kaiserresidenz rückten an die Grenzen des Reiches und es kam zu einer Verschiebung von Zentrum und Peripherie.
Noch allerdings besaß Rom auch für die Kaiser zumindest eine symbolische Bedeutung. Wenngleich der Aufbau neuer Residenzstädte an unterschiedlichen Orten des Reiches die Ressourcen für Bauprogramme in der einstigen Hauptstadt begrenzte, kam es auch weiterhin zu beeindruckenden Projekten. So erreichte die römische Badearchitektur bspw. erst jetzt, durch die Diokletiansthermen, ihren Höhepunkt und bestätigt so, dass das städtische Leben in Rom neben Wandel auch mit Kontinuitäten aufwartete.
Das Gelände der Diokletiansthermen an der Piazza della Repubblica ist noch heute von den Strukturen der antiken Anlage geprägt. Die große Rundung des Platzes entspricht der Apsis der Umfassungsmauer der Thermen. Durch die erhaltenen kleineren Apsiden lässt sich der Grundriss wie bei den Trajansthermen leicht erfassen. Daneben ist wie bei den Caracalla-Thermen auch ein Teil des freistehenden Badeblockes erhalten – nicht in Form antiker Ruinen, sondern als Renaissancekirche: Santa Maria degli Angeli e dei Martiri. Sie liegt in dem Teil, der früher als großes Frigidarium diente; als Eingangsbereich fungiert das Tepidarium. Das Caldarium war dem Bau nach Südwesten vorgelagert – da wo heute der Kreisverkehr fließt.
Der Blick auf den durch die Nutzung als Kirche gut erhaltenen Bau, macht nicht nur die gewaltigen Ausmaße der großen Kaiserthermen deutlich, sondern lässt auch Kenntnisse über die Dachkonstruktionen solcher Großbauten zu, die etwa auch für die Rekonstruktion anderer Thermenanlagen von Bedeutung sind. Im Nordosten der Stadt gelegen, schloss das Ensemble die letzte Lücke in der thermalen Infrastruktur: Neben den Agrippa- und Nerobädern auf dem Marsfeld im Westen, den Titus- und Trajansthermen im Zentrum, und den Caracalla-Thermen im Süden der Stadt, verfügten nun auch die Bewohner der nördlichen Stadtbezirke über eine für sie leicht zu erreichende, luxuriöse Badeanlage, die auf dem neuesten technischen Stand war.
Teilweise sind die Überreste aber auch in ihrem Zustand als Ruine belassen worden, so etwa eine der beiden kleineren Apsiden, die auch aus der Luft zu erkennen waren, oder ein Nymphaeums. Dabei handelt es sich um ein Wasserbecken mit oft meterhoher und kunstvoll gestalteter Fassade, das als Heiligtum fungierte und ursprünglich über Quellen oder Brunnen errichtet wurde.
Teile der Ausstattung werden heute in einem auf dem Gelände befindlichen Museum aufbewahrt. So lassen sich nicht nur die Fundstücke, sondern auch einige Mauerreste selbst in situ, d. h. am Ort ihrer ursprünglichen Aufstellung, erhalten haben. In den Diokletiansthermen konnten bis zu 3200 Menschen gleichzeitig am Badevorgang teilnehmen – und damit bei etwa gleicher Größe noch einmal doppelt so viele wie in den Caracalla-Thermen. Das städtebauliche Ensemble der Piazza della Repubblica gibt also die römische Geschichte wie im Zeitraffer wieder: von der Antike über die Renaissance bis in die Moderne.
Eine Besonderheit ist auch die Bauinschrift. Sie zeigt das angesprochene Nebeneinander von Kontinuität und Wandel: Neben der Art des Baus selbst ist etwa auch der Hinweis auf den öffentlichen Nutzen sowie die Finanzierung des Baugrundes und der Ausstattung aus den Privatmitteln des Kaisers Maximian schon seit republikanischer Zeit Gang und Geben. Ebenso die ostentativ zur Schau gestellte Bescheidenheit durch den erwähnten Verzicht, die Therme nach dem eigenen Namen zu benennen. Neu ist hingegen das komplexe politische System, dass sich in der Nennung von zwei Senioraugusti, zwei jüngeren Augusti und zwei Caesares, in der Rolle der designierten Nachfolger, niederschlägt.
CIL VI 1130: D(omini) N(ostri) Diocletianus et Maximianus invicti seniores Aug(usti) patres Imp(eratorum) et Caes(arum), et d(omini) n(ostri) Constantius et Maximianus invicti Aug(usti), et Severus et Maximianus nobilissimi Caesares thermas felices Diocletianas, quas Maximianus Aug(ustus) rediens ex Africa sub praesentia maiestatis disposuit ac fieri iussit et Diocletiani Aug(usti) fratris sui nomine consecravit, coemptis aedificiis pro tanti operis magnitudine omni culta perfectas Romanis suis dedicaverunt.
Übers. Erika Brödner: „Die Herren Diocletianus und Maximianus, die älteren unbesiegten Augusti, Väter der Imperatoren und Caesaren, und die unbesiegten Herren Constantius und Maximianus, Augusti, und Severus und Maximinus, die edelsten Caesaren, haben ihren lieben Römern die glückbringenden Diocletiansthermen geweiht, die Maximianus Augustus nach seiner Rückkehr aus Afrika unter dem Gewicht seiner Anwesenheit plante und zu bauen befahl und die er dem Namen seines erhabenen Bruders weihte, nachdem er den Grund und Boden für ein so gewaltiges Unternehmen aufgekauft hatte und den Bau mit all seinem üppigen Schmuck vollenden ließ.“
Den heutigen Kirchenbau betritt der Besucher durch das ehemalige Tepidarium der Thermen. Diesem vorgelagert, also dort wo heute Kreisverkehr und Brunnen fließen, lag in der Antike das eigentliche Herzstück des Baus: der Heißbaderaum, das Caldarium. Die heutige Kirche zeichnet sich noch immer durch ein Kreuzgewölbe aus, wie es auch die Decken der antiken Thermen trug. Über die Umgestaltung zur Kirche durch Michelangelo erzählt man sich folgende Anekdote: Als der Papst den Künstler und Architekten mit dem Umbau beauftragte, habe dieser einen Altar in das Frigidarium gestellt und die Arbeiten damit für beendet erklärt. Hinsichtlich der übrigen künstlerischen Ausstattung des Baus könne man keinerlei Fortschritt mehr erzielen...
Ausdruck der spätantiken Form des römischen Kaisertums, das auch als Tetrarchie bezeichnet wird, weil es aus vier gleichzeitig amtierenden Kaisern bestand, ist das sogenannte Fünf-Säulen-Denkmal auf dem Forum Romanum. Es wurde anlässlich des zwanzigjährigen Regierungsjubiläums der beiden älteren und ranghöheren Kaiser (Augusti) und des zehnjährigen Jubiläums der jüngeren und zur Nachfolge der Augusti designierten Kaiser (Caesares) aufgestellt und zeigte auf den Säulen Bildnisse der Kaiser, währen die Sockel der Säulen mit Marmor verkleidet waren und Inschriften trugen.
Die Inschriften, die die jeweiligen Regierungsjubiläen der Kaiser feiern, sind bei Ausgrabungsarbeiten zutage getreten (CIL VI 1203, 1204, 1205). Sie sind nach ihrem Fund nicht am Denkmal selbst, sondern in der Nähe des Septimius-Severus-Bogens aufgestellt worden (CIL VI 31261, 31262).:
CAESARUM / DECENNALIA / FELICITER
Noch in der Spätantike wurde auf bzw. nahe dem Forum Romanum gebaut. Und auch hier blieben die Formen grundsätzlich die gleichen wie in der republikanischen und kaiserzeitlichen Epoche – den prächtigsten Bau bildet eine große Basilika. Maxentius, der Sohn des Maximian, war zwar kein von den übrigen Tetrarchen offiziell anerkannter Augustus, doch verfügte aufgrund seiner Abstammung über Rückhalt in Italien. Er nahm seinen Sitz in Rom, wo er durch eine intensive Bautätigkeit seine Stellung zu festigen hoffte. Für den permanenten Bürgerkrieg, in dem er sich als Usurpator befand, bedurfte er eines solchen Rückhaltes auch.
Der Bau liegt auf der Velia, der dem Palatin vorgelagerten Erhebung am südöstlichen Rand des Forum Romanum, also in prominenter Lage. Während das Reich politisch sukzessive autoritärer regiert wurde, spricht die Schaffung einer weiteren Basilika dafür, dass im Bereich der Verwaltung und Rechtspflege traditionelle Verfahren intakt blieben, so dass auch weiterhin ein Bedarf an entsprechenden Bauformen bestand.
Der Grundriss des Bauwerks ist schlicht. An der westlichen Kurzseite ist die antike Apsis zu erkennen. Die Apsis an der Nordseite hingegen ist Teil späterer Umbaumaßnahmen.
Im heute erhaltenen Zustand stellt sich die Maxentiusbasilika beinahe wie ein Modell aus dem Lehrbuch dar: Halb ist sie Grundriss, halb als Längsschnitt erhalten, was es erlaubt, sowohl aus der Luft als auch Frontal in das Gebäude hineinzusehen. Zudem lässt es sich aus der gezeigten Perspektive in seinem antiken und modernen städtebaulichen Kontext verorten.
Vom Palatin aus gesehen zeigt sich die Basilika in ihrer ganzen Monumentalität. Von ihr aus ließ sich im Nordwesten auf die Kaiserfora, im Südosten in Richtung Kolosseum blicken. Nach seiner Niederlage gegen Konstantin, bei der er 312 n. Chr. den Tod fand, wurden Maxentius‘ Bauten, nicht ihm sondern seinem Widersacher gewidmet, so dass die Basilika auch als Konstantinsbasilika bekannt wurde.
Die Nordfassade mit der später hinzugefügten Exedra ist heute von der Via dei Fori Imperiali aus zu sehen und vermittelt nicht nur einen Eindruck von der Wirkung des antiken Baus. Die gewaltigen Arkaden waren nicht nur beeindruckend, sie dienten vor allem dazu genug Licht in das Bauwerk zu lassen.
Aur. Vict. Caes. 40,26 (Übers. Kirsten Groß-Albenhausen / Manfred Fuhrmann): „Außerdem weihten die Väter alle Bauwerke, die Maxentius in großer Pracht hatte errichten lassen, ein Heiligtum der Stadtgöttin sowie eine Basilika, den Verdiensten des Flavius.“
Neben diesen Bauformen der klassischen Antike, die auch noch im 3. und 4. Jh. das römische Stadtbild prägten, treten bereits im 2. Jh. ganz andere Monumente in den Blick, die auf eine Veränderung der Identität der Bürger verweisen und langfristig bereits ein Fanal für die kommende Veränderung des Stadtbildes werden sollten. Die Rede ist von den ersten Monumenten des Christentums, die sich zunächst unsichtbar, nämlich unterirdisch entwickelten.
Wie so oft sind es die Grabanlagen, die wir als erste Zeugnisse einer neuen Kultur greifen können. Das Wort Katakombe ist durch eine Lautverschiebung entstanden: aus dem griechischen kata tymbos (unterirdisches Grab) wurde im Lateinischen catacumbae. Noch folgten also auch die Christen dem paganen Brauch der außerstädtischen Nekropole, anstelle eines innerstädtischen Friedhofes. Drei solcher Anlagen sind heute entlang der Via Appia in der Nähe des Grabmals der Claudia Metella erhalten, von denen die Domitillakatakomben die ältesten sind.
Die Gräber der frühen Christen sind Bescheiden im Vergleich zu den gewaltigen Monumenten, die wir aus der paganen Zeit kennengelernt haben. Hier in den Domitillakatakomben sind sie als nebeneinander in den Stein gehauene Spalten zu erkennen, in denen die Toten zu ihrer letzten Ruhe gebettet wurden. Der Ort der Totenruhe ist mit Bildprogrammen und christlicher Symbolik geschmückt. Diese Wandmalerei in den Domitillakatakomben zeigt bspw. Jesus, um den sich die Zwölf Apostel versammelt haben.
Ebenfalls in den Domitillakatakomben hat sich eine Inschrift erhalten. Die griechischen Buchstaben Alpha und Omega stehen für Anfang und Ende, den allumfassenden Erklärungsanspruch der christlichen Religion; in der Mitte kreuzen sich die Buchstaben Chi und Rho, die die Anfangsbuchstaben des Namens Christus bilden. Das Symbol wird auch als Christogramm bezeichnet.
In den Calixtuskatakomben zeigt sich ein ähnlicher Befund wie in den Domitillakatakomben: Die Toten wurden auch hier in den Nischen in den Wänden zur letzten Ruhe gebettet. Die Säulen und gemauerten Grablegen in der sogenannten Krypta der Päpste verweisen auf den höheren sozialen Status der hier Beerdigten.
An anderer Stelle in den selben Katakomben hingegen sind die Gänge so eng, dass die römische Vorstellung, die Christen hätten sich in den unterirdischen Gängen getroffen, um großangelegte Verschwörungen gegen das Imperium Romanum zu planen, absurd erscheint. Die meisten Teile des Gängesystems eignen sich nicht für einen längeren Aufenthalt und schon gar nicht für die kommunikativen Anforderungen einer größeren Ansammlung von Menschen.
In den Calixtuskatakomben hat sich auch ein typisches Motiv des frühen Christentums erhalten: Jesus, dargestellt als „der gute Hirte“. Entsprechende Darstellungen finden sich auch in anderen Katakomben. Hier finden sich die ersten Zeugnisse einer neuen Formensprache, die in späteren Zeiten das römische Stadtbild prägen sollte und bis heute prägt.
Am Rand der Stadte trat das Christentum dann auch an die Erdoberfläche, hier entstanden über den Katakomben die ersten Kirchen, die so noch nicht das Stadtbild des Zentrums prägten, sondern zunächst ein Phänomen des Suburbium blieben. Auch San Sebastiano, über der Katakombe erbaut, die einst den Leichnam des Märtyrers geborgen haben soll, ist ein Beispiel für eine solche Kirche.
Viele Märtyrer sollen in den römischen Katakomben ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, die aber gerade für die wichtigsten von ihnen eben nicht die letzte bleiben sollte. Petrus und Paulus hier als Gravur mit Christogramm dargestellt wurden auch in den Katakomben verehrt. Sie sollen beide im Rahmen der Christenverfolgung unter Nero den Tod gefunden haben.
Zunächst scheinen Petrus und Paulus zusammen als Märtyrer verehrt worden zu sein. Dies war nur konsequent konnte das christliche Rom so doch, auch ohne Sitz des Kaisers zu sein, einen Vorrang vor allen anderen Städten des Reiches beanspruchen, die höchstens über einen Apostel in der Urgemeinde verfügten. Doch nach und nach entwickelte sich das Felsenwort immer mehr zur eigentlichen Legitimation des römischen Primats Roms. Das vermeintliche Grab des Petrus, auf dem der Petersdom erbaut sein soll, ist jedoch nicht sicher zu identifizieren. Bis heute gibt es Wissenschaftler die selbst den Aufenthalt von Petrus und Paulus in Rom bezweifeln, erst recht ihren Märtyrertod und ihre Bestattung in der Stadt.
„Auf diesem Fels will ich meine Kirche bauen“ – dieser Satz und der Eingang zum Petrusgrab markieren eine Wende in unserer Stadtgeschichte: Mit dem Sieg des Christentums im 4. Jh. gingen andere Entwicklungen einher, die Rom tiefgreifend veränderten. Die Hauptstadt des Reiches lag nun in Konstantinopel, und selbst als das Reich endgültig in zwei Teile zerfiel, wurde nicht Rom die Hauptstadt des Westens, sondern strategisch günstiger gelegene Orte wie Mailand oder Ravenna. Die Identität der Bürger konnte davon nicht unberührt bleiben: neben die Selbstwahrnehmung als civis Romanus trat die als Gläubiger in der christlichen Gemeinde. Nicht mehr der Kaiser, sondern der Bischof war die zentrale Figur in der Stadt, der Rom nun auch baulich gestaltete. Neben die typischen Gebäude des öffentlichen Lebens wie Basiliken und Thermen, die auch weiterhin gebaut wurden, traten nun die Kirchen. Was nun allmählich beginnt, ist eine andere Stadtgeschichte, vielleicht sogar die Geschichte einer anderen Stadt.
Bildnachweise:
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Aurelianische Mauer, Umfang - Wikimedia Commons, Porta Maggiore - Wikimedia Commons;
Aurelianische Mauer, nahe P. S. Sebastiano - Wikimedia Commons, Wikimedia Commons, Wikimedia Commons;
Aurelianische Mauer, Arkaden - Wikimedia Commons, Latrine - Wikimedia Commons, als Fundament - Wikimedia Commons;
Diokletiansthermen, Grundriss - Wikimedia Commons, Gesamtansicht - Wikimedia Commons, Apsis - Wikimedia Commons, Nymphaeum - Wikimedia Commons, Ausstattung - Wikimedia Commons, Zugang - Wikimedia Commons, Kirchenbau - Wikimedia Commons, Innenraum der Kirche - Wikimedia Commons;
Fünfsäulendenkmal - D-DAI-ROM-2008.2431, D-DAI-ROM-2008.2294;
Maxentiusbasilika, Grundriss - Wikimedia Commons, vom Palatin - Wikimedia Commons, von der Via dei Fori Imperiali - Wikimedia Commons;
Domitillakatakomben - Wikimedia Commons, Jesus und Apostel - Wikimedia Commons, Inschrift - Wikimedia Commons;
Calixtuskatakomben - Wikimedia Commons, Gänge - Wikimedia Commons, der gute Hirte - Wikimedia Commons;
San Sebastiano - D-DAI-ROM-59.1309;
Petrus u. Paulus - Wikimedia Commons;
Petrusgrab, Plan u. Querschnitt - Wikimedia Commons, Piazza S. Pietro - Wikimedia Commons;