Von der Vormacht Italiens zur Herrscherin des Mittelmeers
Die wachsende Anzahl von Verwaltungsaufgaben, ein Ergebnis von Expansion und sozialer Ausdifferenzierung, erschöpften die Möglichkeiten, das Forum Romanum auszubauen. Seit Caesar schufen römische Politiker daher neue Platzanlagen, die Raum für verschiedene Verwaltungsaufgaben und das öffentliche Leben einer wachsenden Zahl an Bewohnern der Stadt boten. Das Forum Iulium oder Caesarforum war das erste dieser Art; in der Folge sollte der Bau solcher Anlagen dann den römischen Kaisern vorbehalten bleiben. Dass sich das öffentliche Leben nun nicht mehr allein auf dem Forum Romanum mit den republikanischen Institutionen abspielte, bringt städtebaulich die Verschiebung der politischen Machtstrukturen zum Ausdruck.
Caesars Forum schloss sich an die nördlichen Ecke des Forum Romanum an und erlaubte es einem Römer so, innerhalb kurzer Zeit die Platzanlage zu wechseln, falls er Geschäfte auf beiden Fora zu erledigen hatte. Durch diese Erweiterung des politischen Zentrums verschob sich allerdings auch dessen Schwerpunkt. Mit dem Bau eines nach Caesar benannten Forums kündigt sich zugleich auch eine neue politische Ordnung an.
Aus der Luft ist zu erkennen, wie die Kurie als Verbindung zwischen den beiden Platzanlagen fungierte und warum Caesar das Senatsgebäude bei seinem Neubau versetzen ließ, um ihm diese Funktion zukommen zu lassen. Auch der finanzielle Aufwand war immens – Cicero berichtet in einem Brief an seinen Freund Atticus von den gewaltigen Summen, die nötig waren, um den privaten Eigentümern des Baulandes in dieser Gegend ihre Grundstücke abzukaufen.
Das Forum Iulium war ein Tempel-Forum: dem Eingang gegenüber, also an der Stirnseite, lag der Tempel der Venus Genetrix, die Caesar als Mitglied der julischen Famile als Stammmutter verehrte. Damit griff Caesar auch den Gründungsmythos der Stadt auf und nahm mit dem Bau eines neuen Forums zugleich eine neuerliche Gründung der Stadt für sich in Anspruch. Heute sind von dem Tempel nur noch das Podest sowie drei Säulen erhalten.
Auch auf dem Grundriss ist zu sehen, wie sich die Erweiterung durch das Forum Iulium über die Kurie als Verbindungselement an das Forum Romanum anschloss. Von der Säulenhalle, die das Caesarforum umgab und ihm so seinen Charakter als geschlossene Platzanlage verlieh, konnten die Senatoren in ihr Versammlungsgebäude gelangen und durch dieses das Forum Romanum. Die normalen Bürger freilich mussten den kleinen Umweg über eine Straße, das Argiletum nehmen, das östlich der Curia verlief und ebenfalls eine Verbindung zwischen den beiden Foren schuf.
Cic. Att. 4,17,8 (Übers. Helmut Kasten): „Daher haben Caesars Freunde – ich meine mich und Oppius, magst du auch vor Wut platzen – für das Bauvorhaben, für das du schon immer so begeistert warst, die Erweiterung des Forums und seine Erstreckung bis zum Libertasheiligtum, die Kleinigkeit von 60 Millionen aufgewendet; billiger konnten wir mit den privaten Eigentümern nicht abschließen. Wir werden etwas ganz Prachtvolles zustande bringen: auf dem Marsfeld wollen wir für die Tributkomitien gedeckte Abstimmungsräume aus Marmor bauen und mit Arkaden umgeben, die sich über eine Meile erstrecken; zugleich wird das Gemeindehaus in diese Planung mit einbezogen. „Und was habe ich von dieser Bauerei?“ wirst du sagen. Warum sollen wir uns darum graue Haare wachsen lassen?“
An der Südseite des Forums sind die Kolonaden einer der Säulenhallen (porticus) erhalten, die das Forum umgaben. Die Säulenhallen, die ein so typisches Bauwerk der Antike sind, bezogen ihre Beliebtheit nicht nur aus ihrer Ästhetik, sondern auch aus ihrer Funktionalität. Sie bot den Besuchern der Anlage Schutz vor Regen und Hitze. Dass Caesar mit der Anlage des Platzes auch eine politische Alternative zum Forum Romanum etablieren wollte, suggeriert uns der griechische Geschichtsschreiber Appian.
App. bell. civ. 2,102 (424) (Übers. Otto Veh): „Caesar errichtete auch, so wie er vor der Schlacht von Pharsalos gelobt hatte, seiner Ahnfrau Venus einen Tempel und legte um das Heiligtum einen geweihten Bezirk. Dieser sollte den Römern als Forum dienen, nicht für Marktgeschäfte, sondern als Treffpunkt zur Erledigung öffentlicher Angelegenheiten, wie ja auch die Perser einen Versammlungsplatz besaßen, um dort Rechtsentscheidungen zu suchen oder gesetzliche Bestimmungen zu erfahren.“
Appian erwähnt auch eine Statue der ägyptischen Königin Kleopatra, die Caesar nach Rom begleitet hatte. Als Nachbildung dieser Kleopatradarstellung ist auch die sogenannte Venus vom Esquilin gedeutet worden.
App. bell. civ. 2,102 (424) (Übers. Otto Veh): „Zur Seite der Göttin ließ Caesar ein schönes Bild der Kleopatra aufstellen, das bis auf den heutigen Tag seinen Platz bei ihr behalten hat.“
Die drei restaurierten Säulen lassen erahnen wie der Tempel den Platz von seinem Sockel aus dominierte. Tatsächlich nutzte Caesar dieses Ensemble dazu, um seine Position als mächtigster Mann Roms darzustellen, wenn er politische Angelegenheiten regelte. Dass die Vorstellung senatorischer Gleichheit nicht mehr aufrecht zu erhalten war, wenn Caesar seine Standesgenossen in offizieller Sache vom Podest des Tempels aus Tempel empfing, berichtet Sueton.
Suet. Iul. 78,1 (Übers. Otto Wittstock): „Den größten und für sich selbst verderblichsten Haß erregte er besonders durch folgendes: Als der gesamte Senat mit zahlreichen und für ihn sehr ehrenvollen Beschlüssen zu ihm kam, empfing er ihn vor dem Tempel der Venus Genetrix, und zwar im Sitzen.“
Der Fries, der die cella, den Kultraum, des Tempels schmückte zeigt eine Darstellung mehrerer Cupidos, auch bekannt als Amor. Als Begleiter der Venus fügt sich der geflügelte Gott in die Thematik eines Ensembles, dass die göttliche Abstammung Caesars an zentraler Stelle im Stadtbild verankert.
Der Aufbau des Heiligtums ist aus der Luft gut zu erkennen. Stufen führten den Besucher auf das Podest, auf dem eine Säulenvorhalle die cella schützte, an deren Rückwand das Kultbild stand. Die offizielle Einweihung des Tempels erlebte Caesar übrigens nicht mehr; sie wurde von seinem Adoptivsohn Octavian durchgeführt, wie Cassius Dio es in seinem Geschichtswerk notiert.
Cass. Dio 45,6,4 (Übers. Otto Veh): „Danach kam das Fest (aus Anlaß) der Vollendung des Venustempels. Einige hatten noch zu Lebzeiten Caesars seine Durchführung versprochen, begnügten sich aber jetzt mit einer recht bescheidenen Art, wie sie es auch bei den Zirkusspielen gelegentlich der Parilien machten; nun richtete Octavius, um die Gunst des Volkes zu gewinnen, die Feier auf eigene Kosten aus und erklärte dies aus familiären Gründen als persönliche Verpflichtung.“
Für die Rekonstruktion des Bauwerkes und seiner Wirkung liefert ein Münzbild einer Prägung des Kaisers Trajan wichtige Hinweise. Auf der Münze sind die acht Säulen der Frontseite zu erkennen. In der Mitte ist das Abbild der Göttin Venus dargestellt. Zu sehen ist außerdem der geschmückte Giebel. Die Aufschrift S(ENATUS) C(ONSULTO) S(ENATUS) P(OPULUS)Q(UE) R(OMANUS) OPTIMO PRINCIPI verrät, dass die Prägung auf Beschluss des Senates und im Namen von Senat und zu Ehren des Kaisers in Auftrag gegeben wurde, der die Restaurierung des Tempels finanziert hatte.
Caesar hatte durch den Bau seines Forums einen Präzedenzfall geschaffen, der Nachahmung finden sollte. Octavian, der als Augustus zum ersten Kaiser Roms wurde, startete seine Kariere als Erbe und Adoptivsohn Caesars, indem er schwor dessen Ermordung zu rächen. Dabei gelobte er wie Caesar vor ihm auch den Bau eines Tempels, dem er ein Forum hinzufügen sollte. Die Anlage führt inhaltlich die Familienthematik des Caesarforums (Forum Iulium) fort, die das Stadtbild zunehmend stärker prägte.
Das heutige Stadtbild hat die Überreste des Augustusforums von denen des Caesarforums getrennt. Die Bebauung der zentralen Talsenke wurde hier um die Zeitenwende zunehmend dichter und von Platzanlagen geprägt, die praktische und repräsentative Funktion hatten. Sie trugen einerseits den weiterhin wachsenden Ansprüchen an die Kapazität der öffentlichen Verwaltung Rechnung und spiegelten zugleich die politische Macht des Erbauers. Der Biograph Sueton betont vor allem die erste Funktion.
Suet. Aug. 29,1-2 (Übers. Otto Wittstock): „Öffentliche Bauten errichtete er in großer Zahl, darunter besonders folgende: ein Forum mit dem Tempel des Mars Ultor, den Apollotempel auf dem Palatin, den Tempel des Jupiter Tonans auf dem Kapitol. Anlaß dafür, das Forum zu bauen, war die große Zahl der Menschen und Gerichtsprozesse, für die zwei Foren nicht ausreichten und die daher noch ein drittes zu erfordern schien. Daher wurde es in aller Eile und noch vor Vollendung des Marstempels zur Nutzung übergeben und dafür gesorgt, daß dort, von den anderen getrennt, Gerichtsverhandlungen über Staatsverbrechen und Auslosungen der Richter stattfanden.“
Die noch heute erhaltenen Mauern machen den Unterschied zu vielen modernen Platzanlagen offensichtlich: Das Augustusforum war durch meterhohe Umfassungen von seiner Umgebung abgetrennt. Die visuelle Wahrnehmung des Platzes durch die Besucher konnte effektiv gesteuert werden, wenn dieser nur über vorgesehene Eingänge erreicht werden konnte. Das Forum wird so zu einem in sich geschlossenen Ensemble.
Von der nordöstlichen Mauer aus dominierte auch hier der Tempel den Platz. Er war Mars Ultor geweiht und griff damit sowohl das Motiv der Rache an den Caesar-Mördern auf als auch den Gründungsmythos der Stadt. Anders als Sueton betont der Dichter Ovid dieses repräsentative Element der Anlage.
Ov. fast. 5,549-560 (Übers. Niklas Holzberg): „Täusch’ ich mich? Oder klirren Waffen? Ich täusch’ mich nicht, Waffen Klirrten! Durchs Kriegssignal meldete Mars, daß er kommt. Um seinen Tempel zu sehn auf dem Forum Augustum, sein Fest auch, Steigt Mars Ultor, der Gott, selber vom Himmel herab! Groß ist der Gott und groß der Bau seines Heiligtums. Anders Dürfte nicht wohnen Gott Mars in seines Romulus’ Stadt! Siegestrophäen vom Kampf mit Giganten verdient dieser Tempel; Hier sei der Ort, wo der Gott grausame Kriege beginnt, Sei’s, daß ein ruchloser Feind uns im Osten des Reiches zum Kampf reizt, Sei’s, daß im Westen der Welt einer bezähmt werden muß! Sieht an den Zinnen des Tempels der Kriegsgott die niemals besiegten Göttinnen oben den Platz einnehmen, ist ihm das recht.“
Auf dem Podium stehen noch heute einige der Säulen des augusteischen Marstempels, der das Herzstück des neuen Forums bildete. Sie vermitteln einen ungefähren Eindruck von der Höhe des Bauwerkes.
Markant stechen die beiden großen Apsiden rechts und links des Tempels im erhaltenen Teil der Platzanlage hervor. Sie bildeten die Schaufläche für eine Reihe von Statuen, die das repräsentative Programm der Anlage abrundeten.
Auf der einen Seite stand eine Ahnengalerie des Augustus die bis zu Aeneas zurückreichte. Ihr gegenüber standen die wichtigsten Repräsentanten der römischen Res Publica, die bis zu Romulus zurück verlängert wurde. Von dem Eindruck, den auch dieser Teil des Forums machte, legt ebenfalls Ovid Zeugnis ab. Dabei erwähnt er auch die Inschriften (tituli), die am Sockel der Standbilder angebracht waren.
Ov. fast. 5,563-570 (Übers. Niklas Holzberg): „Sieht auch des julischen Stamms zahlreiche Urahnen hier, Ferner Ilias Sohn mit den Waffen des Feinds auf den Schultern; Ruhmreiche Taten sind stets unter den Männern vermerkt. An der Front des Tempels erblickt er den Namen „Augustus“, Liest das Wort „Caesar“: Der Bau scheint ihm noch wertvoller gleich. Diesen gelobte der Prinzeps als Jüngling; da griff pietätvoll Er zu den Waffen. Denn dies mußte sein Erstlingswerk sein!“
Einige Teile der Dekoration des Augustusforums sind heute im Museo dei Fori imperiali zu besichtigen, das in den Trajansmärkten eingerichtet wurde.
Wie schon im Falle der Säulenhalle ist auch der übrige Dekor des Augustusforums nur äußerst bruchstückhaft erhalten und es sind in erster Linie die Konstruktion der Anlage selbst sowie die Beschreibung der literarischen Quellen, die uns einen Eindruck von der Pracht vermitteln, der sich die Bewohner des antiken Rom auf dem Augustusforum gegenüber sahen. Die Spärlichkeit des Befundes, wie er sich etwa im Museo dei Fori imperiali in den Trajansmärkten präsentiert, macht die Notwendigkeit der Einordnung offensichtlich.
Nicht nur das Reich, auch die Stadt selbst wuchs. Der Baugrund innerhalb der Servianischen Mauer wurde zunehmend eng, die Ansprüche der städtischen Bevölkerung an ein städtisches Leben jenseits der Politik hingegen nahmen weiterhin zu. So entstand eine ganze Reihe großer öffentlicher Bauten fortan auf dem sogenannten Marsfeld, das so zu einem unmittelbaren Teil des römischen Stadtgebietes wurde. Unter anderen entstanden hier, nahe dem Tiberufer, drei große Theater.
Das erste steinerne und damit dauerhafte Theater Roms erbaute der Feldherr und Politiker Cn. Pompeius Magnus, ein Zeitgenosse Caesars. Da die Römer die Theater als Versammlungsort der Massen fürchteten, an dem diese sich zusammenrotten und Aufruhr stiften konnten, waren entsprechende Bauten in Rom offiziell verboten. Pompeius bediente sich daher eines Tricks: Er stiftete der Göttin Venus Victrix einen Tempel und errichtete das Theater vorgeblich als Treppenaufgang zu dem Heiligtum. Die Theater zeugen auch von den Kultureinflüssen, denen sich Rom im Zuge einer expansiven Politik immer stärker ausgesetzt sah, stehen sie doch wie kein anderer Gebäudetyp für den Einfluss, den die griechische Kultur auf die Eroberer ausübte.
Eine Rekonstruktionszeichnung zeigt das Pompeiustheater und den angesprochenen Tempel. Auf der linken Seite befindet sich das Bühnengebäude (skene) und die Bühne (proskenion), der halbrunde Platz (orchestra) zwischen Bühne und Zuschauerraum und die Sitzreihen (cavea). In der oberen rechten Ecke erhebt sich der Tempel, dessen Treppe zugleich die Mitte der cavea ausmacht.
Die Theater waren nicht nur Ausdruck einer städtischen Lebensweise, die sich auch über die Existenz eines breiten kulturellen Angebots von der ländlichen Lebensart abgrenzte. Sie prägten auch das Stadtbild durch ihre spezifische Halbkreisform. Sie tun dies bis heute: Obwohl von dem Theater des Pompeius keine sichtbaren Überreste erhalten sind, lässt sich sein Grundriss noch in dem Häuserblock erkennen, der heute an der Stelle steht.
Bei einem Blick aus der Luft ist der Effekt noch deutlicher. Das Halbrund des antiken Theaters hat unübersehbar die Ausrichtung des modernen Straßenzuges beeinflusst. An der graden Seite erhob sich das Bühnengebäude, das auch die Kulisse der Aufführungen bot. Im Scheitel des Halbkreises befand sich der Tempel, der über die Sitzreihen des Theaters als Stufen zu erreichen war. Er bot im Übrigen den Schauplatz für eines der berühmtesten Ereignisse der Weltgeschichte: die Ermordung Caesars.
Auch vor Ort ist der Einfluss der antiken Struktur auf das moderne Stadtbild nicht zu übersehen. Die Häuser wurden in das Halbrund der Sitzreihen hineingebaut und haben so auch dessen Form und Ausmaße an die Nachwelt überliefert. Es sind also nicht nur die Überreste selbst, die von der Antike zeugen, sondern auch in den modernen Strukturen spiegelt sich die allgegenwärtige Vergangenheit der ewigen Stadt.
In der Nähe des Pompeiustheaters befand sich ein zweites, etwas kleineres Steinbauwerk für die Aufführung szenischer Darstellungen: das sogenannte Balbustheater. Die Entstehung von verschiedenen Theatern im Laufe einiger Jahrzehnte der späten Republik zeigt den gestiegenen Bedarf an einem solchen kulturellen Angebot. Zu den Spezifika des städtischen Lebens darf also gezählt werden, dass elaborierte Angebote der Freizeitgestaltung einen Beitrag zum friedlichen Zusammenleben vieler Menschen auf engem Raum leisten.
Cornelius Balbus, der Bauherr, stammte aus Spanien. Mitglieder seiner Familie waren als Gefolgsleute Caesars nach Rom und dort zu Einfluss gekommen. Er feierte nicht nur einen Triumph, sondern verewigte seinen Namen auch im römischen Stadtbild, wie ein Stück aus dem spätantiken Marmorstadtplan Forma Urbis belegt. Der große Stolz, der Balbus ob seiner Leistung erfüllte, wird von Cassius Dio beschrieben.
Cass. Dio 54,25,2 (Übers. Otto Veh): „Und der Zufall wollte es, daß die Nachricht von seiner Rückkunft in jenen Tagen die Stadt erreichte, als Cornelius Balbus sein bis auf den heutigen Tag nach ihm benanntes Theater einweihte und dazu Schauspiele aufführen ließ. Deshalb tat er groß mit seiner Leistung, wie wenn er selbst der Anlaß wäre, der Augustus in die Stadt zurückführen werde – und konnte doch infolge einer durch den Tiber verursachten Überschwemmung nur zu Schiff sein Theater betreten. Tiberius aber ließ Balbus, um ihn wegen des Theaterbaus zu ehren, als ersten seine Stimme abgeben.“
Der Biograph Sueton reiht das Theater des Cornelius Balbus in eine Reihe von weiteren Bauten ein, die in dieser Zeit auf dem Marsfeld entstanden.
Suet. Aug. 29,5 (Übers. Otto Wittstock): „Viele Gebäude sind damals von vielen gebaut worden, so von Marcius Philippus ein Tempel für den Herkules der Musen, von Lucius Cornificius ein Dianatempel, von Asinius Pollio eine Halle der Freiheit, von Munatius Plancus ein Saturntempel, von Cornelius Balbus ein Theater, von Statilius Taurus ein Amphitheater und zahlreiche Prunkbauten von Marcus Agrippa.“
Im Falle des Balbustheaters ist die typische Bauform des Theaters nicht ganz so offensichtlich im modernen Stadtbild zu erkennen wie im Falle des Pompeiustheaters. Der geübte Blick erkennt aber auch hier, dass die antiken Strukturen innerhalb des Häuserblocks noch das Halbrund der Sitzreihen erkennen lassen und lediglich eine rechteckige Umfassung durch Häuser bekommen haben.
Wie im Falle der Anlage des Pompeius gehörte auch zu diesem Ensemble mehr als das Theater. Das Areal wird in den antiken Quellen häufig auch als Crypta Balbi angesprochen; Ausgrabungen legen obige Rekonstruktion des Gesamtkomplexes nahe. Cryptoporticus, bei denen es sich um überwölbte und teilweise oder ganz unterirdisch angelegte Wandelgänge handelte, dienten insbesondere im Sommer als angenehm kühler Aufenthaltsort.
Der Befund der Cryptoporticus zeigt die hohe Qualität, mit der das Bauwerk ausgeführt wurde. Neben den Bögen und Pfeilern, die das Gebäude trugen und von den technisch-architektonischen Fertigkeiten der römischen Baumeister zeugen, zeigen die erhaltenen Fresken den hohen künstlerischen Aufwand, den Bauherren veranlassten, um ihren Konstruktionen den letzten Schliff zu geben. Theater und Krypta des Balbus waren als zusammenhängender Komplex konzipiert, der die verschiedenen Sinne der Besucher ansprach. Ein Spezifikum der Lebenswelt Stadt scheint schon in der Antike zu sein, dass es besonderer Planung bedurfte, um zwischen der Vielzahl an Reizen, die den Städter täglich überfluteten, ein sinnliches Erlebnis zu konstruieren, das die Aufmerksamkeit fesselte.
Von besonderem Interesse für die Stadtentwicklung ist auch ein Fundstück aus der Krypta, das Aufschluss über die Prozesse des Bauwesens gibt. Wir sehen einen Ziegel, der mit dem Siegel seines Fabrikanten versehen ist. Sichtbar wird so, was schon aufgrund der Komplexität von römischen Bauvorhaben anzunehmen war: Die städtische Gesellschaft funktionierte arbeitsteilig. Zwischen dem Bauherrn auf der einen und den Handwerkern auf der anderen Seite, war an einem Bauvorhaben eine Reihe von Fabrikanten und Zulieferern beteiligt, die die Baustoffe herstellten und durch Stempel wie diese ihren Anteil an den Baumaßnahmen sichtbar machten.
Zu den Bauten, die der Prinzeps Augustus auf dem Marsfeld errichten ließ, gehörte auch ein Theater. In unmittelbarer Nähe zum Theater des Balbus ließ er eine weitere Bühne für Schauspiele errichten und bestätigte so noch einmal, dass der Bedarf an solchen Freizeitaktivitäten noch immer nicht gedeckt war. Für Augustus hatte der Bau allerdings noch aus einem anderen Grunde eine wichtige Bedeutung. Er hatte ihn nämlich – so berichtete er uns selbst – für seinen Neffen und möglichen Nachfolger Marcellus errichten lassen, konnte ihn aber zu seinem Bedauern erst 13 v. Chr., also 10 Jahre nach dessen Tod, einweihen.
R. Gest. div. Aug. 21 (Übers. Ekkehard Weber): „Nahe dem Apollotempel ließ ich auf einem Grund, der zum größten Teil seinen privaten Besitzern erst abgekauft werden mußte, ein Theater erbauen, welches den Namen meines Schwiegersohnes M. Marcellus tragen sollte.“
Das Marsfeld lag zwar außerhalb der offiziellen Stadtgrenze, sein südöstlicher Rand war aber nicht weit von deren Zentrum entfernt. Hier, zwischen Kapitol und Tiberinsel, lag das das Theater in der Nähe des Forum Boarium, des Circus Maximus und des Palatin.
Aus der Luft wird erneut sichtbar, wie sich die moderne Bebauung in die halbrunde Struktur des antiken Baus fügt. In diesem Fall allerdings handelt es sich um ein bewusstes Aufgreifen: Das aktuelle Arrangement, das den antiken Befund modern verbaut, geht auf die italienischen Faschisten unter Mussolini zurück.
Dass die Gegenwart auf der Vergangenheit aufbaut, könnte nicht sinnbildlicher zum Ausdruck gebracht werden als durch die modernen Aufbauten, die auf den Arkaden des antiken Theaters, dessen halbrunde Form aufgreifen. Dass die Faschisten diesen Gedanken durch die Schaffung des Ensembles in ihre Dienste stellten, zeigt die Notwendigkeit einer bewussten und kritischen Auseinandersetzung mit Stadtgeschichte auf.
Ein Querschnitt durch die cavea zeigt den Aufbau des Zuschauraumes, in dem die Besucher nach ihrem gesellschaftlichen Rang gestaffelt Platz nahmen. Die Ehrenplätze in den ersten Reihen waren den Senatoren vorbehalten, die nächsten 14 Reihen dem Ritterstand. Im oberen Rang saßen zunächst die togati, die mit der weißen Toga bekleideten Bürger. Ganz oben nahmen die pullati, die Bewohner der Stadt ohne Bürgerrecht und Toga, ihre Pätze ein.
Ein Blick in die Arkaden der Fassade zeigt die gewaltigen Ausmaße des Baus, der 10.000-15.000 Zuschauer fassen konnte. Zudem lässt sich hier das System der Aufgänge beobachten, das den Besuchern erlaubte ihre Sitzplätze etwa im oberen Rang zu erreichen und das so ausgefeilt war, dass es größere Wartezeiten vermied. Die Theater waren daher auch Beispiele für die effiziente Organisation des Gemeinwesens und städtischen Lebens durch die römischen Autoritäten.
Das Marsfeld war der Ort, an dem einer der wichtigsten politischen Unterstützer des Augustus ein umfangreiches Bauprogramm initiierte und damit auch den städtebaulichen Ambitionen des ersten Prinzeps weiteren Vortrieb verlieh. Seit der frühen Kaiserzeit erhielt der Ausbau dieses Teils der Stadt nun also einen systematischen und programmatischen Charakter, der das Areal zu einem neuen Zentrum des öffentlichen Lebens machte, das sich nun nicht mehr nur auf den Foren abspielte.
M. Vipsanius Agrippa war ein Jugendfreund Octavians, des späteren Augustus. Seine treuen Dienste in den Zeiten des Bürgerkrieges und die zentrale Rolle die Agrippa für die militärischen Erfolge des Augustus spielte, machten ihn zu dessen wichtigstem Verbündeten. Durch die Heirat mit der Tochter des Augustus wurde die enge Verbindung familiär bekräftigt und Agrippa zum Schwiegersohn und möglichen Nachfolger des Kaisers.
Eines der bekanntesten Gebäude Roms geht auf Agrippa zurück. Es handelt sich um das Pantheon, ein Heiligtum, das, wie der Name sagt, allen Gottheiten geweiht war. Das Pantheon ist heute eine Touristenattraktion, sein Vorplatz stets von Menschenmengen gefüllt. Dies dürfte ein gutes Bild davon geben, wie belebt der Platz auch in der römischen Kaiserzeit war.
Aus der Luft hebt sich das Pantheon sowohl durch seine Größe als auch durch seine markante Form von der umgebenden modernen Bebauung ab. Dem kreisrunden Hauptgebäude ist eine rechteckige Vorhalle vorgelagert (pronaos). Der gute Erhaltungszustand des Gebäudes, das schon in der Antike restauriert werden musste, ist der Tatsache zu verdanken, das es bereits früh in eine Kirche umgewandelt, als solche kontinuierlich genutzt und daher gepflegt wurde.
Besonderen Eindruck machte die Kuppel des Gebäudes schon in der Antike. Für Cassius Dio war sie der eigentliche Grund, aus dem das Gebäude seinen Namen erhielt.
Cass. Dio 53,27,2 (Übers. Otto Veh): „Agrippa vollendete auch das sogenannte Pantheon. Diesen Namen trägt es vielleicht deshalb, weil es neben dem Schmuck von Bildern her auch die Statuen zahlreicher Götter, darunter des Mars und der Venus, erhielt, meinem Dafürhalten aber nach, weil seine kuppelförmige Bedachung dem Himmel gleicht.“
Besonders Auffällig ist das Opaion, die runde Öffnung in der Mitte der Kuppel, durch das Licht in das Innere des Gebäudes fällt – aber auch Regen. Im Gegensatz zu ähnlichen Konstruktionen, die in der Renaissance häufig gläsern überdacht wurden, ist das Opaion des stadtrömischen Pantheons weiter offen.
Das Licht, das auf diese Weise von oben in den fensterlosen Bau fällt, lässt auch die Details der Kassettendecke erkennbar werden. Auch das Pantheon war nicht nur durch die Götterbilder geschmückt, sondern bis hinauf in die Kuppel verziert. Für den künstlerischen Dekor war ein Grieche verantwortlich, wie uns der Naturforscher Plinius der Ältere berichtet.
Plin. nat. 36,4 (38) (Übers. Roderich König): „Das Pantheon des Agrippa schmückte der Athener Diogenes.“
Kaiser Hadrian (117-138) renovierte das Bauwerk ca. 150 Jahre nach seiner Errichtung. Es galt als besonders bescheiden, dass er dabei die ursprüngliche Stiftungsinschrift des Agrippa unangetastet ließ und die Renovierung nicht dazu nutzte, das Bauwerk für sich zu beanspruchen. Hiervon berichtet uns auch die spätantike Sammlung von Kaiserbiographien, die als Historia Augusta bekannt ist.
Hist. Aug. Hadr. 19,10 (Übers. Ernst Hohl): „Zu Rom restaurierte er das Pantheon, die ‚Saepta‘, die Neptunsbasilika, viele Tempel, das Augustusforum, die Agrippathermen, und dies alles weihte er unter dem Namen der ursprünglichen Bauherren.“
Noch heute ist die Inschrift, die Agrippa als den Bauherrn ausweist, am Giebel der von korinthischen Säulen getragenen Vorhalle zu erkennen (CIL VI 896). Sie nennt seinen Namen (M(ARCUS) AGRIPPA) und verweis auf den ehrenhaften Umstand, dass er dreimal das höchste Amt des Staates bekleidet (CO(N)S(UL) TERTIUM) und nun den Tempel auf dem Marsfeld gestiftet hatte (FECIT).
Auf dem Marsfeld, nahe dem Pantheon, realisierte Agrippa ein weiteres großes Bauprojekt: die Thermen. Badehäuser gab es in Rom bereits zuvor. Doch scheint die Stadt lange Zeit im Vergleich zu den großen öffentlichen Bädern, wie es sie etwa in Pompeji gab, nicht konkurrenzfähig gewesen zu sein. In der Kaiserzeit änderte sich dies und die Thermen des Agrippa wurden zum Vorläufer der großen Kaiserthermen, die ein wichtiger Teil der städtischen Erscheinung und Lebenswelt werden sollten.
Da von den Thermen des Agrippa heute nur wenige Mauerreste erhalten sind, bietet ein Bruchstück der Forma Urbis, des spätantiken Stadtplans Roms aus Marmor, wichtige Aufschlüsse über den Bau. Der Grundriss des Gebäudes hilft bei der Identifizierung von Funktionen einzelner Räume und erlaubt die Verortung des Komplexes im modernen Stadtbild.
Teile des zentralen Raumes, der rund war und wohl als Frigidarium, d.h. als Kaltbaderaum, genutzt wurde, zeugen noch heute von den Ausmaßen des Baus. Erneut zeigt sich das Marsfeld als Ort, an dem durch ein Unterhaltungsangebot im buchstäblich großen Stil ein Spezifikum städtischer Lebenswelten baulich Ausdruck fand. Die Monumentalität der Anlage lässt sich einmal mehr sowohl mit ihrem repräsentativen Anspruch als auch den praktischen Notwendigkeiten einer „Weltstadt“ erklären.
Die antiken Strukturen sind auch von oben zu erkennen und fügen sich doch geschmeidig in die modernen Bauten ein. Eine solche Aufnahme, die durch die Mittel der Technik des 21. Jahrhunderts wie eine Selbstverständlichkeit erscheint, regt zu grundsätzlichen Fragen an – nach dem Zusammenhang von Gegenwart und Vergangenheit ebenso wie nach dem Umgang von Ersterer mit Letzterer.
Auf dem Marsfeld errichtete Augustus eine ganze Reihe von Bauten. Mit dem bereits erwähnten Marcellustheater haben sie gemein, dass sie vor allem die Person des Kaisers und seine Familie in den Mittelpunkt rücken. Dies gilt durchaus auch für die Ara Pacis, den Friedensaltar, der anlässlich der Befriedung des Reiches durch Augustus vom Senat in Auftrag gegeben wurde.
Der Altar ist mit einem aufwendigen Bildprogramm geschmückt, das auf die Beendigung der Bürgerkriege durch den Prinzeps Augustus verweist, der auf diese Weise seine Herrschaft legitimierte. Die wichtige Funktion des Gebäudes für die politische Repräsentation belegt Augustus selbst in seinem Tatenbericht.
R. Gest. div. Aug. 12 (Übers. Ekkehard Weber): „Als ich aus Spanien und Gallien nach erfolgreicher Tätigkeit in diesen Provinzen unter den Konsuln Ti. Nero und P. Quintilius (13 v. Chr.) nach Rom zurückkehrte, beschloß der Senat einen Altar des „Augustusfriedens“ aus Anlaß meiner Rückkehr weihen zu lassen, und zwar auf dem Marsfeld; dort sollten die Beamten, die Priesterschaft und die vestalischen Jungfrauen nach seinem Befehl alljährlich ein Opfer darbringen.“
Der Fries greift unterschiedliche Themen der Mythologie auf, unter anderem die Gründungssage der Stadt, die sich sowohl mit der mythischen Genealogie des Kaisers als auch seinem Anspruch auf Neugründung des Gemeinwesens vereinbaren ließ. Die Szene zeigt Aeneas, der sein Haupt für ein Opfer verhüllt hat (capite velato). Die Opfergaben werden von zwei Opferdienern gebracht. Oben links ist ein Tempel dargestellt, in dem die aus Troja geretteten Penaten sitzen, deren Kult hier vollzogen wird. Rechts sind noch die Reste einer Figur zu erkennen, die wohl Aeneas‘ Sohn Askanius darstellt.
In der Mitte des sogenannten Tellus-Reliefs ist die Göttin der Erde zusehen, die zwei Säuglinge auf dem Schoß hat. Ihr zur Seite sind Personifikationen von Wind und Wasser abgebildet; Pflanzen und Tiere symbolisieren Fruchtbarkeit. Die beiden Säuglinge sind als Enkel und präsumptive Nachfolger des Augustus, C. und L. Caesar, gedeutet worden, könnten aber auch schlicht der Fruchtbarkeitsthematik zuzurechnen sein. Das Relief zeigt den augusteischen Frieden als einen Zustand des Wohlstandes und des Einklangs mit den Göttern der Natur.
Der große Nordfries zeigt einen Ausschnitt aus einem Festzug (pompa). Dargestellt sind Männer in Toga, deren Häupter festlich bekränzt oder nach religiöser Sitte verhüllt sind. Die Männer sind so als vornehme Römer und Priester, die Prozession ist als religiöse Zeremonie gekennzeichnet.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Altars ist ein weiterer Teil der Prozession abgebildet, der auch die Darstellung verschiedener Mitglieder des Kaiserhauses beinhaltet. So sind unter anderen Augustus und Agrippa, Augustus‘ Frau Livia sowie deren beiden Söhne Tiberius und Drusus abgebildet. Die Komposition des gesamten Bildprogramms betont durch den Kontext und die kultische Thematik also die Bedeutung der Familie des Augustus für ein umfassendes Wohlergehen Roms.
Die Ara Pacis war Teil eines ausgefeilten Baukomplexes, zu dem auch eine Sonnenuhr gehörte. Die beiden Monumente waren so aufeinander ausgerichtet, dass der Schatten der Sonnenuhr sich im Laufe des 23. September, dem Geburtstag des Augustus, der Ara Pacis näherte und diese schließlich traf. Auf diese Weise sollte eine kosmische Vorherbestimmtheit des Augustusfriedens und der Herrschaft des Kaisers suggeriert werden.
Auf dem Marsfeld platzierte Augustus einen Obelisken aus der ägyptischen Stadt Heliopolis, der als Zeiger einer Sonnenuhr fungierte. Sein Schatten fiel am 23. September, dem Geburtstag des Augustus auf den Friedensaltar, die Ara Pacis. Damit die Konstruktion auf diese Weise die Vorherbestimmtheit der augusteischen Herrschaft anzeigen konnte, musste der Zeiger des Horologiums ein Stück westlich der Ara Pacis positioniert werden.
Auf dem Plan ist die Lage des Horologiums südlich des kreisförmigen Mausoleums zu sehen. Rechts neben der Sonnenuhr ist die quadratische Ara Pacis verzeichnet. Die Bauwerke bilden also ein spitzes Dreieck, das den nordwestlichen Bereich des Marsfeldes dominiert.
Dort, wo der Obelisk einst stand und seinen Schatten auf einen freien Platz warf, herrscht heute eine dichte Bebauungssituation. In der Antike war der Boden hier von Linien durchzogen, die es ermöglichten, anhand des Schattenwurfes Datum und Uhrzeit zu bestimmen.
Reste dieses monumentalen Ziffernblattes, das den Blick des Betrachters einmal ausnahmsweise nach unten richtete, sind unterhalb der Kelleretagen der aktuellen Bebauung entdeckt und sichtbar gemacht worden. Der Blick auf den Meridian des Horologiums ist auch der Blick auf eine anspruchsvolle archäologische Herausforderung.
Wesentlich einfacher gestaltet sich die Besichtigung des Zeigers der Sonnenuhr. Der Obelisk ist erhalten und steht heute auf der Piazza di Montecitorio, wo seine antike Funktionsweise auch heute noch nachvollzogen werden kann. Dies ist sogar auf einer Google Earth Aufnahme zu erkennen. Dass die Sonnenuhr in der Antike ein eindrucksvoller Teil des römischen Stadtbildes war, bestätigt uns der Naturforscher Plinius der Ältere, der das Bauwerk bewunderte, aber auch von Problemen zu berichten wusste.
Plin. nat. 36,72 (Übers. Roderich König): „Dem auf dem Marsfeld stehenden Obelisken gab der vergöttlichte Augustus eine bemerkenswerte Bestimmung, nämlich die Schatten der Sonne und auf diese Weise die Länge der Tage und Nächte anzuzeigen; er ließ der Länge des Obelisken ein Steinpflaster in den Boden legen, dem der Schatten am Tage der Wintersonnenwende in der sechsten Stunde gleichkommen sollte und der allmählich nach den aus Erz eingelegten Streifen an den einzelnen Tagen abnahm und wieder länger wurde, eine Anlage, die wert ist, sie kennenzulernen, ersonnen vom Scharfsinn des Mathematikers Novius Facundus. Dieser ließ an der Spitze eine vergoldete Kugel anbringen, in deren Scheitel sich der Schatten in sich selbst sammeln sollte, da ihn die Spitze sonst unregelmäßig geworfen hätte; auf diese Einrichtung soll er durch den Schatten vom Kopf eines Menschen gekommen sein. Die ursprüngliche Beobachtung trifft bereits seit fast 30 Jahren nicht mehr zu, sei es, daß der Lauf der Sonne selbst abweicht und am Himmel sich irgendein Verhältnis geändert hat, sei es daß die gesamte Erde etwas aus ihrem Mittelpunkt gerückt wurde (was, wie ich feststelle, auch an anderen Orten bemerkt wurde), sei es, daß durch Erdbeben im Bereich der Stadt nur der Zeiger verschoben wurde oder daß sich durch Überschwemmungen des Tiber das Auflager des Kolosses gesetzt hat, obgleich, wie man sagt, die Fundamente der darauf liegenden Last entsprechend auch in die Tiefe gelegt sind.“
Die von Plinius beschriebenen Details sind noch zu erkennen: Auf dem steinernen Obelisken sind eine eine Kugel und eine Spitze aus Metall angebracht.
Da das Marsfeld außerhalb der offiziellen Stadtgrenzen, des sogenannten pomerium, lag, bot es Augustus die Möglichkeit, hier ein Mausoleum als Grabstätte für sich und seine Verwandten einzurichten. Das Grabmal ist an seiner ursprünglichen Stelle am Ufer des Tibers erhalten. Heute befinden sich die erhaltenen Teile der Ara Pacis in einem Museum auf der anderen Straßenseite und betonen so die Verbindung zwischen den beiden Bauwerken. Der Friedensaltar lag in der Antike allerdingsein Stück südlich des Mausoleums.
Aus der Luft bietet das Ensemble ein weiteres Mal ein prägnantes Aufeinandertreffen von Gegenwart und Vergangenheit und zeigt zwei unterschiedliche Formen des Umgangs mit Geschichte: Die Überreste des Mausoleums haben als Ruine überdauert und sind Teil des heutigen Stadtbildes geworden. Die Ara Pacis hingegen ist in einem Museum, also einem modernen Bau, konserviert und damit ihrem ursprünglichen Standort und dem heutigen Stadtbild entzogen.
Bereits zu Lebzeiten des Kaisers wurde hier eine Reihe seiner Verwandten bestattet. Nach seinem Tod wurde auch Augustus hier beigesetzt. Damit die Anlage ihre repräsentative Funktion erfüllen die Leistung des Augustus für den römischen Staat im Stadtbild manifestieren konnte, waren die umliegenden Parks der Öffentlichkeit zugänglich.
Suet. Aug. 100,4 (Übers. Otto Wittstock): „Die sterblichen Überreste bargen die ersten des Ritterstandes, lediglich mit einer Tunica angetan, ungegürtet und mit bloßen Füßen, und setzten sie im Mausoleum bei. Dieses Bauwerk hatte Augustus in seinem sechsten Konsulat zwischen der Via Flaminia und dem Tiberufer errichtet und die umgebenden Parks und Promenaden bereits damals dem Volk zur Benutzung überlassen.“
Heutzutage lässt sich aus der Luft in die Ruine der Rotunde schauen. Die Luftaufnahme fungiert dabei wie ein Grundriss, auf dem der in konzentrischen Kreisen erfolgende Aufbau des Bauwerks erkennbar wird.
Aus der Luft ist die für römische Grabmäler typische runde Form ebenso zu erkennen wie der Eingang. Rechts und links von diesem waren in der Antike Bronzetafeln errichtet, auf denen der Tatenbericht des Augustus, die res gestae, eingraviert war. In diesem zog Augustus die Bilanz seines politischen Lebens. Gemeinsam mit dem Mausoleum bildete er die Garantie dafür, dass Augustus jenes Ziel erreichte, nach dem ein vornehmer Römer mehr als alles andere strebte: unsterblicher Nachruhm.
Die beiden Bronzepfeiler vor dem Mausoleum sind uns nicht erhalten geblieben; der Text, der auf ihnen stand, ist uns aber aus anderer Quelle überliefert, da Abschriften des Berichts auch in anderen Städten des Reiches öffentlich aufgestellt wurden. Das sogenannte Monumentum Ancyranum aus der kleinasiatischen Stadt Ancyra (heute Ankara) verweist vor dem eigentlichen Text auch auf den originalen Standort der Inschrift.
R. Gest. div. Aug. praef. (Übers. Ekkehard Weber): „Nachstehend die Abschrift des auf zwei in Rom aufgestellten Bronzepfeilern eingegrabenen Berichts von den Taten des göttlichen Augustus, durch welche er den Erdkreis der Herrschaft des römischen Volkes unterwarf, und von den Aufwendungen, die er für Staat und Volk von Rom machte.“
Heute befindet sich eine Inschrift mit dem Text der res gestae dem Mausoleums gegenüber, angebracht am Bau des Ara-Pacis-Museums. Die Worte des Augustus finden also bis heute an fast der gleichen Stelle einen Platz im Stadtbild Roms.
Bildnachweise:
Satellitenansichten - © Google Earth;
Forum Iulium, Grundriss - E.M. Steinby (Ed.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Vol. II, Rom 1995, 470, fig. 133;
Forum Iulium, Kolonnaden - D-DAI-Z-NL-RZW-0112, Venus vom Esquilin - Wikimedia Commons, restaurierte Säulen - Wikimedia Commons, Fries T. der Venus Genetrix - Wikimedia Commons;
Forum Iulium, Grundriss des Tempel der Venus Genetrix - E.M. Steinby (Ed.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Vol. II, Rom 1995, 474, fig. 140;
Forum Augustum, Mauern - Arachne Mal412-08_2103099,05, Tempel des Mars Ultor - Wikimedia Commons, Architrav - Wikimedia Commons;
Forum Augustum, Grundriss - Wikimedia Commons, Fries - Wikimedia Commons, Rekonstruktion - Wikimedia Commons, Museo - Wikimedia Commons;
Pompeiustheater, Plan Marsfeld - Wikimedia Commons, Forma Urbis - Wikimedia Commons, Rekonstruktion - Wikimedia Commons, Overlay - Wikimedia Commons, Moderne Bebauung - Wikimedia Commons;
Balbustheater, Forma Urbis - Wikimedia Commons, Grundriss - Wikimedia Commons, Kryptoportikus - Wikimedia Commons, Fresko - Wikimedia Commons, Ziegelstempel - Wikimedia Commons;
Marcellustheater - Wikimedia Commons, Arkaden - Wikimedia Commons;
Marcellustheater, Grundriss - E.M. Steinby (Ed.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Vol. V, Rom 1999, 319, fig. 19, Querschnitt cavea - 321, fig. 22;
Agrippa, Porträtbüste - Wikimedia Commons;
Pantheon, Grundriss - E.M. Steinby (Ed.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Vol. IV, Rom 1999, 420, fig. 10, Querschnitt - 421, fig. 12;
Pantheon, Kuppel außen - Wikimedia Commons, innen - Wikimedia Commons, Büste Hadrians - Wikimedia Commons, Inschrift - Wikimedia Commons;
Agrippathermen, Forma Urbis - E.M. Steinby (Ed.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Vol. V, Rom 1999, 324, fig. 26;
Agrippathermen, Überreste - Wikimedia Commons;
Ara Pacis, Front - Wikimedia Commons, Fries - Wikimedia Commons, Wikimedia Commons Wikimedia Commons, Wikimedia Commons;
Ara Pacis, Sonnenuhr - E. Buchner: Die Sonnenuhr des Augustus, Mainz 1982, 43, Abb. 14;
Horologium, Lage - Wikimedia Commons, E.M. Steinby (Ed.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Vol. III, Rom 1996, 392, fig. 22;
Horologium, Überreste - Wikimedia Commons, Obelist - Wikimedia Commons;
Augustusmausoleum, Überreste - Wikimedia Commons;
Augustusmausoleum, Grundriss - E.M. Steinby (Ed.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Vol. III, Rom 1996, 471, fig. 167, Rekonstruktion - fig. 166;
Augustusmausoleum, Inschrift (Ancyra) - D-DAI-IST-270_140923;