Augusteische Zeit

Von der Vormacht Italiens zur Herrscherin des Mittelmeers

Lage des Forum Iulium in Rom
Lage des Forum Iulium in Rom

Die wachsende Anzahl von Verwaltungsaufgaben, ein Ergebnis von Expansion und sozialer Ausdifferenzierung, erschöpften die Möglichkeiten, das Forum Romanum auszubauen. Seit Caesar schufen römische Politiker daher neue Platzanlagen, die Raum für verschiedene Verwaltungsaufgaben und das öffentliche Leben einer wachsenden Zahl an Bewohnern der Stadt boten. Das Forum Iulium oder Caesarforum war das erste dieser Art; in der Folge sollte der Bau solcher Anlagen dann den römischen Kaisern vorbehalten bleiben. Dass sich das öffentliche Leben nun nicht mehr allein auf dem Forum Romanum mit den republikanischen Institutionen abspielte, bringt städtebaulich die Verschiebung der politischen Machtstrukturen zum Ausdruck.

Caesars Forum schloss sich an die nördlichen Ecke des Forum Romanum an und erlaubte es einem Römer so, innerhalb kurzer Zeit die Platzanlage zu wechseln, falls er Geschäfte auf beiden Fora zu erledigen hatte. Durch diese Erweiterung des politischen Zentrums verschob sich allerdings auch dessen Schwerpunkt. Mit dem Bau eines nach Caesar benannten Forums kündigt sich zugleich auch eine neue politische Ordnung an.

Satellitenaufnahme des Forum Iulium
Forum Iulium in 3D-Ansicht

Aus der Luft ist zu erkennen, wie die Kurie als Verbindung zwischen den beiden Platzanlagen fungierte und warum Caesar das Senatsgebäude bei seinem Neubau versetzen ließ, um ihm diese Funktion zukommen zu lassen. Auch der finanzielle Aufwand war immens – Cicero berichtet in einem Brief an seinen Freund Atticus von den gewaltigen Summen, die nötig waren, um den privaten Eigentümern des Baulandes in dieser Gegend ihre Grundstücke abzukaufen.

Das Forum Iulium war ein Tempel-Forum: dem Eingang gegenüber, also an der Stirnseite, lag der Tempel der Venus Genetrix, die Caesar als Mitglied der julischen Famile als Stammmutter verehrte. Damit griff Caesar auch den Gründungsmythos der Stadt auf und nahm mit dem Bau eines neuen Forums zugleich eine neuerliche Gründung der Stadt für sich in Anspruch. Heute sind von dem Tempel nur noch das Podest sowie drei Säulen erhalten.

Grundriss des Forum Iulium

Auch auf dem Grundriss ist zu sehen, wie sich die Erweiterung durch das Forum Iulium über die Kurie als Verbindungselement an das Forum Romanum anschloss. Von der Säulenhalle, die das Caesarforum umgab und ihm so seinen Charakter als geschlossene Platzanlage verlieh, konnten die Senatoren in ihr Versammlungsgebäude gelangen und durch dieses das Forum Romanum. Die normalen Bürger freilich mussten den kleinen Umweg über eine Straße, das Argiletum nehmen, das östlich der Curia verlief und ebenfalls eine Verbindung zwischen den beiden Foren schuf.

Cic. Att. 4,17,8 (Übers. Helmut Kasten): „Daher haben Caesars Freunde – ich meine mich und Oppius, magst du auch vor Wut platzen – für das Bauvorhaben, für das du schon immer so begeistert warst, die Erweiterung des Forums und seine Erstreckung bis zum Libertasheiligtum, die Kleinigkeit von 60 Millionen aufgewendet; billiger konnten wir mit den privaten Eigentümern nicht abschließen. Wir werden etwas ganz Prachtvolles zustande bringen: auf dem Marsfeld wollen wir für die Tributkomitien gedeckte Abstimmungsräume aus Marmor bauen und mit Arkaden umgeben, die sich über eine Meile erstrecken; zugleich wird das Gemeindehaus in diese Planung mit einbezogen. „Und was habe ich von dieser Bauerei?“ wirst du sagen. Warum sollen wir uns darum graue Haare wachsen lassen?“

Überreste der porticus

An der Südseite des Forums sind die Kolonaden einer der Säulenhallen (porticus) erhalten, die das Forum umgaben. Die Säulenhallen, die ein so typisches Bauwerk der Antike sind, bezogen ihre Beliebtheit nicht nur aus ihrer Ästhetik, sondern auch aus ihrer Funktionalität. Sie bot den Besuchern der Anlage Schutz vor Regen und Hitze. Dass Caesar mit der Anlage des Platzes auch eine politische Alternative zum Forum Romanum etablieren wollte, suggeriert uns der griechische Geschichtsschreiber Appian.

App. bell. civ. 2,102 (424) (Übers. Otto Veh): „Caesar errichtete auch, so wie er vor der Schlacht von Pharsalos gelobt hatte, seiner Ahnfrau Venus einen Tempel und legte um das Heiligtum einen geweihten Bezirk. Dieser sollte den Römern als Forum dienen, nicht für Marktgeschäfte, sondern als Treffpunkt zur Erledigung öffentlicher Angelegenheiten, wie ja auch die Perser einen Versammlungsplatz besaßen, um dort Rechtsentscheidungen zu suchen oder gesetzliche Bestimmungen zu erfahren.“

Sog. Venus vom Esquilin
Überreste des Tempels der Venus Genetrix

Appian erwähnt auch eine Statue der ägyptischen Königin Kleopatra, die Caesar nach Rom begleitet hatte. Als Nachbildung dieser Kleopatradarstellung ist auch die sogenannte Venus vom Esquilin gedeutet worden.

App. bell. civ. 2,102 (424) (Übers. Otto Veh): „Zur Seite der Göttin ließ Caesar ein schönes Bild der Kleopatra aufstellen, das bis auf den heutigen Tag seinen Platz bei ihr behalten hat.“

Die drei restaurierten Säulen lassen erahnen wie der Tempel den Platz von seinem Sockel aus dominierte. Tatsächlich nutzte Caesar dieses Ensemble dazu, um seine Position als mächtigster Mann Roms darzustellen, wenn er politische Angelegenheiten regelte. Dass die Vorstellung senatorischer Gleichheit nicht mehr aufrecht zu erhalten war, wenn Caesar seine Standesgenossen in offizieller Sache vom Podest des Tempels aus Tempel empfing, berichtet Sueton.

Suet. Iul. 78,1 (Übers. Otto Wittstock): „Den größten und für sich selbst verderblichsten Haß erregte er besonders durch folgendes: Als der gesamte Senat mit zahlreichen und für ihn sehr ehrenvollen Beschlüssen zu ihm kam, empfing er ihn vor dem Tempel der Venus Genetrix, und zwar im Sitzen.“

Fries aus der cella des Tempels der Venus Genetrix
Satellitenaufnahme des Tempels der Venus Genetrix

Der Fries, der die cella, den Kultraum, des Tempels schmückte zeigt eine Darstellung mehrerer Cupidos, auch bekannt als Amor. Als Begleiter der Venus fügt sich der geflügelte Gott in die Thematik eines Ensembles, dass die göttliche Abstammung Caesars an zentraler Stelle im Stadtbild verankert.

Der Aufbau des Heiligtums ist aus der Luft gut zu erkennen. Stufen führten den Besucher auf das Podest, auf dem eine Säulenvorhalle die cella schützte, an deren Rückwand das Kultbild stand. Die offizielle Einweihung des Tempels erlebte Caesar übrigens nicht mehr; sie wurde von seinem Adoptivsohn Octavian durchgeführt, wie Cassius Dio es in seinem Geschichtswerk notiert.

Grundriss des Tempels der Venus Genetrix
RIC II 285, Nr. 575

Cass. Dio 45,6,4 (Übers. Otto Veh): „Danach kam das Fest (aus Anlaß) der Vollendung des Venustempels. Einige hatten noch zu Lebzeiten Caesars seine Durchführung versprochen, begnügten sich aber jetzt mit einer recht bescheidenen Art, wie sie es auch bei den Zirkusspielen gelegentlich der Parilien machten; nun richtete Octavius, um die Gunst des Volkes zu gewinnen, die Feier auf eigene Kosten aus und erklärte dies aus familiären Gründen als persönliche Verpflichtung.“

Für die Rekonstruktion des Bauwerkes und seiner Wirkung liefert ein Münzbild einer Prägung des Kaisers Trajan wichtige Hinweise. Auf der Münze sind die acht Säulen der Frontseite zu erkennen. In der Mitte ist das Abbild der Göttin Venus dargestellt. Zu sehen ist außerdem der geschmückte Giebel. Die Aufschrift S(ENATUS) C(ONSULTO) S(ENATUS) P(OPULUS)Q(UE) R(OMANUS) OPTIMO PRINCIPI verrät, dass die Prägung auf Beschluss des Senates und im Namen von Senat und zu Ehren des Kaisers in Auftrag gegeben wurde, der die Restaurierung des Tempels finanziert hatte.

Bildnachweise:
Satellitenansichten - © Google Earth;
Forum Iulium, Grundriss - E.M. Steinby (Ed.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Vol. II, Rom 1995, 470, fig. 133;
Forum Iulium, Kolonnaden - D-DAI-Z-NL-RZW-0112, Venus vom Esquilin - Wikimedia Commons, restaurierte Säulen - Wikimedia Commons, Fries T. der Venus Genetrix - Wikimedia Commons;
Forum Iulium, Grundriss des Tempel der Venus Genetrix - E.M. Steinby (Ed.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Vol. II, Rom 1995, 474, fig. 140;
Forum Augustum, Mauern - Arachne Mal412-08_2103099,05, Tempel des Mars Ultor - Wikimedia Commons, Architrav - Wikimedia Commons;
Forum Augustum, Grundriss - Wikimedia Commons, Fries - Wikimedia Commons, Rekonstruktion - Wikimedia Commons, Museo - Wikimedia Commons;
Pompeiustheater, Plan Marsfeld - Wikimedia Commons, Forma Urbis - Wikimedia Commons, Rekonstruktion - Wikimedia Commons, Overlay - Wikimedia Commons, Moderne Bebauung - Wikimedia Commons;
Balbustheater, Forma Urbis - Wikimedia Commons, Grundriss - Wikimedia Commons, Kryptoportikus - Wikimedia Commons, Fresko - Wikimedia Commons, Ziegelstempel - Wikimedia Commons;
Marcellustheater - Wikimedia Commons, Arkaden - Wikimedia Commons;
Marcellustheater, Grundriss - E.M. Steinby (Ed.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Vol. V, Rom 1999, 319, fig. 19, Querschnitt cavea - 321, fig. 22;
Agrippa, Porträtbüste - Wikimedia Commons;
Pantheon, Grundriss - E.M. Steinby (Ed.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Vol. IV, Rom 1999, 420, fig. 10, Querschnitt - 421, fig. 12;
Pantheon, Kuppel außen - Wikimedia Commons, innen - Wikimedia Commons, Büste Hadrians - Wikimedia Commons, Inschrift - Wikimedia Commons;
Agrippathermen, Forma Urbis - E.M. Steinby (Ed.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Vol. V, Rom 1999, 324, fig. 26;
Agrippathermen, Überreste - Wikimedia Commons;
Ara Pacis, Front - Wikimedia Commons, Fries - Wikimedia Commons, Wikimedia Commons Wikimedia Commons, Wikimedia Commons;
Ara Pacis, Sonnenuhr - E. Buchner: Die Sonnenuhr des Augustus, Mainz 1982, 43, Abb. 14;
Horologium, Lage - Wikimedia Commons, E.M. Steinby (Ed.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Vol. III, Rom 1996, 392, fig. 22;
Horologium, Überreste - Wikimedia Commons, Obelist - Wikimedia Commons;
Augustusmausoleum, Überreste - Wikimedia Commons;
Augustusmausoleum, Grundriss - E.M. Steinby (Ed.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Vol. III, Rom 1996, 471, fig. 167, Rekonstruktion - fig. 166;
Augustusmausoleum, Inschrift (Ancyra) - D-DAI-IST-270_140923;